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dadaBLUES JOE

1 Stunde Interview Radio-Essen im August 2002

Songs von der aktuellen CD "Total Crazy"

 

Blacky:  Du machst schon sehr lange Musik, sag mal was zu deiner Person.
JOE: Mein Name ist Joachim Harmut, ich habe in den frühen 60er Jahren angefangen, Musik zu machen.
Inspiriert durch Elvis, die Stones, u.a.


Blacky:
 Warum hast du damals begonnen, Gitarre zu spielen?
JOE:  Als 13jähriger habe ich mit Freunden Skiffle von Lonnie Donegan usw. auf der Ukulele gespielt.
Dadurch kam ich zur Wanderklampfe mit Tonabnehmer, den ich an unser Röhrenradio angeschlossen hatte und später zur Elektro-Gitarre mit professionellem Combo-Verstärker.

Blacky:  Du machst nicht nur Musik, sondern du machst auch Kunst?
JOE:  Ja, Druckgraphiken, Holzschnitte u.s.w. Die Graphiken werden von mir in kleinen Auflagen auf der Handpresse gedruckt oder in Buchform gebracht und in Ausstellungen, Kunst- u. Buchmessen gezeigt.
Es werden auch Bücher mit meinen Arbeiten von Verlagen, Editionen, Literatur-Jahresschriften veröffentlicht.

Blacky: Du schreibst auch deine Texte selber. Bist du Dichter und Autor?
JOE:: Ich bin ein Mensch, der sagt, was er denkt und oft auch aufschreibt, was er denkt. Es war naheliegend, nicht nur Songs von anderen Leuten zu interpretieren, sondern eigene Texte zu verfassen und daraus Songs zu machen. Mein Programm besteht aus eigenen Songs und Interpretationen von Skiffle-, Blues-, Jazzsongs.

 

Blacky:  Wann war der Punkt erreicht, wo du sagtest, ich mache jetzt mehr Bluesmusik?
JOE:  Mit Bluesmusik von B.B. King, Muddy Waters u.a. kam ich sehr früh in Berührung und spürte einfach, da ist etwas, was mich ganz tief berührt.
Eine weitere Inspiration bekam ich durch die Elektronik. Mein Bruder baute mir elektronische Tongeneratoren, die präzise einstellbare Frequenzen erzeugten, ähnlich einer singenden Säge, und durch Tonüberlagerungen Schwebeklänge produzierten. Ich erzeugte damit Töne und Klänge, die graphische Musik ermöglichte. Diese Sounds wurden in den 70er Jahren Bestandteil der Band SPHÄRENSÄGE in der ich, Gründungsmitglied, Bass und elektronische Sounds spielte.

Blacky: dadaBLUES JOE, höre ich da in dem Namen deinen Hang zum Dadaismus?
JOE:  Ja, DadA und BLUES. Durch den Blues bin ich inspiriert und durch den Dadaismus wurde ich in den 60er Jahren inspiriert, als ich wieder angefangen habe, zu malen und kleine DadA-Bücher machte. Ich habe damals über die Kunstgeschichte festgestellt, das sich Dada-Künstler Freiheiten herausnahmen, die sich akademische Künstler nicht trauten.
Ich habe von DadA kein Programm übernommen, sondern einige Fragmente für mich heraus gezogen, z.B. Lärm-Musik, die im Dadaismus eine Rolle spielte oder die Form der Lautgedichte, wo sinnlose Unworte aufgesagt, herausgeschrien und gesungen wurden. Ich zitiere allerdings nicht die phonetische Abstraktion der Lautgedichte, sondern benutze Alltagssprache, Wortfragmente, Einzelworte, die sich durch Wiederholung ihre rhythmische Berechtigung holen:  DAS IST ALT - DAS IST NEU - DAS IST DA - DAS IST DADA.
Die wenigen Worte, die auf wenige Buchstaben reduziert sind, haben ihre eigene Kraft und werden Teil meiner Musik. Ich benutze sie nicht wie Skat-Gesang im Jazz, sondern ich möchte mindestens ein Wort transportieren, dann kann ich es aber wiederholen, wie im Titel:  war is' wahr,  it is war,  ist wahr. . .

Blacky: Bei der Beschreibung von deinem Musik- und Kulturkonzept stelle ich es mir unmöglich vor, das sich Musik so richtig schön glatt, wie Popmusik anhören darf. Gehört LoFi-Musik mit zu deinem Konzept?
JOE:  LoFi gehört für mich insofern zum Konzept, weil ich teilweise mit Geräten arbeite, die nur LoFi Aufnahmen ermöglichen oder LoFi Sounds erzeugen. LoFi ist interessant, weil da Sounds entstehen, die über einen cleanen Fender-Combo, hochwertiger Gitarrenverstärker auf Röhrenbasis, den ich auch benutze, gar nicht erzeugt werden können. Popmusik, die mit phantastischen, technischen Geräten produziert wird, ist prädestiniert, um glatt und sauber durchgemessen zu funktionieren. Ich würde die "Cleanheit" auch für mich benutzen, aber nur als Vehikel für meine zu transportierenden Inhalte, Melodien und Texte.

 

Blacky:  dadaBLUES JOE macht Musik, er macht Kunst und er macht das schon sehr lange. Von daher habe ich ja diesmal auch die Gelegenheit, fragen zu können, inwieweit die 68er Zeit deine Art Musik und Kunst zu machen geprägt hat .
JOE:  Prägungen wirken immer individuell. Was damals losging, hat sich längst relativiert. 1968 war ich 20 Jahre alt und habe bis dahin in einige europäische Grosstädte reingeschnuppert und Musik gemacht. Ich lebe seit 1967, mit Unterbrechungen, in Düsseldorf. Kurzzeitig (jeweils ca, 1/2 Jahr) wohnte ich in Berlin, Paris, Amsterdam, Nizza. Habe und wurde von einigen Frauen geliebt und bin seit 1982 mit meiner Liebsten Ully verheiratet.  In meinen künstlerischen Arbeiten der 70er-90er Jahre hat der sozial-politische Aspekt einen Platz, auch der Spass kommt nicht zu kurz.

Blacky:  Beschreibe uns doch mal, wie so deine Herangehensweise an Stücke ist und wie du die machst.
JOE:  Ich beginne auf der Gitarre und spiele entweder einen Basslauf oder einen Rhythmus und zeichne das auf meine Echo-Loop auf, lasse die als Background laufen und benutze diese Loop für meine Soloimprovisation. Diese Technik ist für mich ein kompositorisches Hilfsmittel, um Songs zu entwickeln. Ich lasse mich von der vorher gestalteten Loop leiten, mache meine Solis, improvisiere und schichte die Sounds und Noten zu Clustern. Da kommt es dann schon mal vor, dass ich mitsinge. Später schreibe ich mir die Worte auf und mache daraus einen Text.

Blacky:  Improvisatorisch, und du bist für dich in der Probe der Alleinunterhalter oder hast du da auch schon mal Leute bei?
JOE:  Der Kompositionsprozess ist ja keine Probe, sondern ein künstlerischer Vorgang.
Es ist so, dass ich bei den meissten Aufnahmen in meinem Wohnzimmer oder Atelier auf der Gitarre spiele und dabei ein Aufnahmegerät mitlaufen lasse. Ich benutze ein Diktiergerät, Kassettenrecorder oder was gerade so da ist, drücke aufs Knöpfchen und zeichne auf, was mir so einfällt und da bastel ich mir später was draus zurecht. Ich mache auch Sessions mit befreundeten Musikern, aber meine Texte und Songs erarbeite und komponiere ich allein.

Blacky:  Mit den vielen Dingen, die du machst, Musik und Kunst,  da bist du ja sicherlich auch viel mit ans Publikum gegangen.  Wo machst du das und welche Örtlichkeiten brauchst du, um deine Kunst präsentieren zu können?
JOE:  Meine Kunst kann ich gar nicht an Örtlichkeiten festmachen. Ich mache Strassen-Aktionen und rolle Bilder auf der Strasse aus, aber ich stelle auch in Büchereien, Museen, Galerien, Kunsthallen aus. Um meine Performance zu machen, kann ich sagen: ich trete fast überall auf, wo eine Steckdose ist und das Licht angemacht werden kann.

Blacky: dadaBLUES JOE macht Kunst und Musik überall. Wie wir erfuhren in Galerien und auf der Strasse. Kann man eigentlich Kunst im Radio machen?
JOE: Ja, z.B. Blues- u. Jazzmusik findet ja im Radio statt und das sind doch grossartige Kunstformen.

 

Blacky:  Hast du selber schon Erfahrung mit Kunstpräsentation im Radio gemacht und welche Rückmeldung erwartest du, wenn man etwas von dir im Radio präsentiert?
JOE:  Ich erwarte gar nichts. Ich habe auch bisher wenig im Radio gemacht. Kürzlich liefen zwei Songs von mir im Blues-Radio in Dänemark und in Argentinien. Meine Erfahrungen sind grösstenteils auf den Bereich der Bildenden Kunst begrenzt. Ich hatte in den 60er Jahren einen Auftritt im Fernsehen. Da spielte ich mit meiner damaligen Band "MOCK" in Düsseldorf. Das wurde aufgezeichnet und auch gesendet.

Blacky: Was hast du dir für die Zukunft noch vorgenommen und kann man dich in nächster Zeit in unserem Verbreitungsgebiet sehen?
JOE: Ja, sehen und hören kann man "dadaBLUES JOE and Friends" in Kürze in Düsseldorf. Ausserdem bin ich im Juni als Gastmusiker in Gevelsberg. Es kommen Künstler aus Hamburg, Düsseldorf und dem Ruhrgebiet und wir machen da eine Blues-Skiffle Veranstaltung.
Im Juli/August nehme ich in einem Bochumer Studio mit dem Jazzmusiker Lutz Eikelmann einen Blues auf.
Im Herbst erscheint eine CD mit deutschen Bands. Da bin ich mit einem Titel dabei.
In Wien waren im Mai/Juni Arbeiten von mir in einer Ausstellung der Buch-Kunst Biennale zu sehen.
Die nächste Ausstellunsbeteiligung ist im Oktober.
Bei der Edition EINSvonHUNDERT beteilige ich mich in diesem Jahr wieder an einer Buch-Ausgabe.

Meine Vorstellung einer eigenen Band könnte so aussehen, das ich mit einem Bassisten, einem Drummer und einem Akkordeonspieler den dadaBLUES spiele.

Blacky: Dabei wünsche ich dir viel Erfolg und wenn das soweit ist, würde ich gern wieder von dir hören.
JOE: Danke, und alles Gute für euch.

Blacky interviewte dadaBLUES JOE im Radio Essen 102,2
Aktualisierte Text-Fassung vom 2.8.2002
Alle Rechte bei Joachim Harmut

 

 

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